Ganz ohne Handball geht es eben nicht, auch nicht an einem punktspielfreien Wochenende. Der Kurzurlaub in Lübeck mit der Familie ist garniert mit einem Handballspiel – als Zuschauer. 2. Bundesliga. Lübeck gegen Balingen. „Ich freue mich drauf“, sagt Vivien Haasmann. Das nächste Wochenende wird aber noch besser, denn dann steht sie wieder selbst auf der Platte. Auswärtsspiel beim Tabellendritten SG OSF Berlin. Endlich.
Die 17-jährige Altentreptowerin zählt beim Viertligisten SV Fortuna 50 Neubrandenburg zu den herausragenden Handballerinnen, trotz ihres jungen Alters. „Wenn Vivi gesund und fit ist, dann ist sie eine entscheidende Spielerin. Sie bestimmt das Tempo“, sagt ihr Trainer Dago Leukefeld.
Seit 2015 besucht sie das Neubrandenburger Sportgymnasium, seitdem trägt sie auch das Fortuna-Trikot: „Ich fühle mich sehr wohl, wir haben eine tolle Mannschaft, verstehen uns super.“ Bereits als B-Jugendliche wurde sie ins A-Team hochgezogen, im Handball nichts Ungewöhnliches.
Allerdings erlebte die 17-Jährige mit zwei schweren Verletzungen auch gleich die Schattenseiten des Erwachsenen-Handballs. 2020 brach sie sich nach einem unglücklichen Zusammenprall den Oberkiefer, ein Jahr später riss das Kreuzband.

Dass sie im Dezember, während der Oberliga-Pause, einen Meniskuseingriff im Knie hatte, erwähnt sie nur nebenbei. Pillepalle. Wer Vivien Haasmann spielen sieht, weiß, die junge Frau mit der Rückennummer sechs kennt auf der Platte keine Angst.
Früher war das ab und an mal ein Problem: Die nur 1,66 Meter große Handballerin raste oft ungebremst in die gegnerischen Deckungen. „Ich bin sehr ehrgeizig, wollte oft mit dem Kopf durch die Wand“, sagt sie. Fortuna-Trainer Dago Leukefeld hat ihr Spiel mittlerweile ein wenig geordnet, jetzt wartet Vivien Haasmann auch mal zwei, drei Sekunden, bevor sie zur Attacke startet.
„Dass Tempo zu variieren, war anfangs ihr Problem, für Vivi gab es nur eines – Vollgas“, sagt der Trainer und fügt hinzu: „Sie ist aber sehr lernwillig und bringt alle Charaktereigenschaften mit, die sich ein Trainer wünscht. Ihr fehlen vielleicht ein paar Zentimeter als Rückraumspielerin, aber das macht sie durch Ehrgeiz wett.“ Mit den Fortunen steht die Rückraumspielerin aktuell auf Rang vier, die Chance auf den Aufstieg in die 3. Handball-Liga ist immer noch da. Dass der Verein nach dem verlorenen Derby gegen Stavenhagen beim Thema Aufstieg aber auf die Bremse tritt, findet sie gut: „Tatsächlich schauen wir jetzt nur noch von Spiel zu Spiel.“
Der jungen Mannschaft tut diese Zurückhaltung offensichtlich gut. Seit dem Derby-Desaster haben die Fortuna-Frauen drei Spiele in Folge gewonnen. Aber, betont Vivien Haasmann auch: „Natürlich wollen alle aufsteigen, doch wir haben noch schwere Spiele. Vor allem in Berlin. Und wenn es diese Saison nicht reicht, versuchen wir es eben nächstes Jahr.“
Vivien Haasmann entstammt einer Handball-Familie, und dass sie selbst einmal den kleinen Ball in der Hand halten wird, war wohl unausweichlich. Ihre Mutter trainiert den Nachwuchs beim HV Altentreptow, ihr Vater die Verbandsliga-Männer. Viviens Bruder Fabian spielt mit dem Stralsunder HV in 3. Liga. Und – wie kann es anders sein – ihr Freund Maart Heering steht für die Männer des HV Altentreptow auf dem Parkett.
„Man erzählt mir oft, dass ich schon der Halle war, als ich noch im Kinderwagen gelegen habe. Der Handball ist mir wirklich in die Wiege gelegt worden“, erzählt sie mit einem Schmunzeln.

Zwei Jahre nach ihrem Wechsel vom HVA nach Neubrandenburg feierte sie mit den Fortuna-Mädels ihren ersten größeren Erfolg: MV-Landesmeister in der D-Jugend, die kleine Vivien wurde zudem als beste Turnierspielerin geehrt. „Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern, wir waren sogar der jüngere Jahrgang. Wow, und dann gleich Landesmeister“, erzählt Vivien Haasmann.
Nun möchte sie mit Fortuna aufsteigen. Es ist ihr Traum. Aus der Familie Haasmann hätte dann ein weiteres Kind den Sprung in die 3. Handball-Liga geschafft.